Internationaler Frauentag – Interview engagierter Frauen

"Mehr Frauen müssen die Politik mitgestalten" Annegret Ihbe, Sprecherin des ASF-Landesausschusses, Bürgermeisterin Stadt Braunschweig, sprach mit Evessens Gemeindebürgermeisterin Dunja Kreiser über die Rolle und Bedeutung von Frauen in Kommunalpolitik. Im Interview stellten beide fest: Frauen gehören in die Politik.

Annegret: Dunja, Du bist seit über vier Jahren ehrenamtliche Bürgermeisterin der Gemeinde Evessen, Landkreis Wolfenbüttel. Wie bist Du zur SPD und zu diesem Amt gekommen?

Dunja: Ich bin vor 15 Jahren in die SPD eingetreten, weil ich mich kommunalpolitisch einbringen wollte – und mein Engagement hat sich gelohnt: Anfangs habe ich die Ratsarbeit unterstützt, dann wurde ich Ratsfrau und heute bin ich Bürgermeisterin in unserer Gemeinde Evessen. Ich finde, die Wähler_innen haben eine tolle Entscheidung getroffen, ich freue ich mich sehr darüber. Es ist für mich einfach ein großartiges Gefühl und ein toller Dank für meinen Einsatz. 

Engagement und Freude sind bei Dir deutlich zu spüren! Was begeistert Dich so sehr an der Kommunalpolitik?

Kommunalpolitik findet ganz direkt und vor Ort statt. Wir als Sozialdemokrat_innen sind die Expert_innen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Ob in größeren Städten oder in ländlicheren Gemeinden wie Evessen: Wir brauchen vor Ort eine gute Infrastruktur für eine ausgewogene Lebensqualität. Dazu gehören Kita-Plätze genauso wie Gemeinschaftsorte sowie die Ausweisung von Baugebieten.
Frauen sind mit diesen Themen stark verbunden. Sie müssen Familie und Beruf organisieren, brauchen in ihrem Wohnumfeld eine qualifizierte Kinderbetreuung und eine funktionierende Infrastruktur im öffentlichen Nahverkehr, ausgebaute Straßen und vieles mehr. Aber es sind keineswegs‚ typische Frauenthemen’. Von Haus aus bin ich Technikerin und kann mein Fachwissen besonders beim Thema Energiepolitik einbringen. Zu meinen Aufgaben gehört aber auch, die Gemeinde handlungsfähig zu halten, d.h. die Haushaltsentwicklung zu steuern. Alle Kommunen und Landkreise brauchen die Sichtweisen der Frauen und deren Erfahrungen, wir sind ein Teil von ihnen.

In einer Gemeinde sind die Bedürfnisse aller zu berücksichtigen, auch die der Frauen. Welche konkreten Möglichkeiten siehst Du, die Lebenssituation der Frauen in der Kommune zu verbessern?

Ganz einfach: Mehr Frauen müssen vor Ort die Politik mitgestalten. Schon jetzt übernehmen viele von ihnen Leitungsfunktionen in der Gesellschaft. Sie sind Bürgermeisterinnen, Parteivorsitzende, Vereinsvorsitzende, Feuerwehrfrauen, wir sind emanzipiert. Doch noch sind es nicht genug. Dadurch gehen weibliche Blickwinkel auf Themen häufig unter. Frauen sollten sich mehr Zeit auch für ihre politischen Interessen nehmen.
Aber da verhalten sie sich ähnlich wie Männer. Neben Beruf und Familie bleibt häufig nicht genug Raum für andere Aktivitäten. Dabei sind diese wichtig für das eigene Lebensgefühl. Das ist nicht nur in der Politik zu spüren, sondern auch im Vereinsleben. Dort können wir Sport treiben, singen und viele anderen Freizeitaktivitäten mit anderen gemeinsam erleben. Deshalb unterstütze ich besonders gern jegliche Vereinstätigkeit. Auch als Gemeinde tun wir das indirekt, indem wir zum Beispiel Gebäude unentgeltlich zur Verfügung stellen. Außerdem beobachte ich, dass auch auf dem Land die nachbarschaftliche Hilfsbereitschaft abnimmt. Deshalb kann ich mir für  die Zukunft Mehrgenerationenhäuser vorstellen. Für Junge, Berufstätige und Ältere in den Gemeinden kann dies ein Weg der gegenseitigen Unterstützung sein.

Die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF) setzt sich seit über 40 Jahren für die Belange der Frauen ein und engagiert sich für das Programm "Mehr Frauen in die Kommunalpolitik" – Du bist eine der Mentorinnen, warum?

Mein großer Wunsch ist, dass noch mehr Frauen Lust auf die politische Arbeit haben. Wie wichtig der Einsatz von Mentorinnen ist, zeigt sich in meinem Beispiel: Mein Mentee hat Lust, sich politisch zu engagieren. Deshalb ist sie nun in die SPD eingetreten. Und wird auch zur Kommunalwahl antreten. Damit habe ich das Ziel des Programms erreicht. Das ist ein toller Erfolg, finde ich.
Ich würde mir für für die Kommunalwahl  in unserer Gemeinde schon 10 Prozent mehr weibliche Mandatsträgerinnen wünschen, ein großer Wunsch, mal sehen wie es ausgeht.
Ein gutes Beispiel für einen funktionierenden ‚Reißverschluss’ liefert Braunschweig, da kandidieren Frauen und Männer abwechselnd. So treten Frauen auf aussichtsreichen Plätzen an. Es gibt dadurch in der SPD-Ratsfraktion der Stadt Braunschweig ein gutes Geschlechterverhältnis: 50 Prozent sind Frauen. Aber das ist leider noch nicht überall so. Da können wir als SPD noch besser werden.

Das Interview führte Annegret Ihbe, Sprecherin des ASF-Landesausschusses